Krach am Bach  5.8. – 6.8.2016 – Beelen

Text: Hans-Jürgen Schmidt
Fotos: Hans-Jürgen Schmidt

Warum in die Ferne schweifen wenn das Gute ist so nah. Treffender kann man es nicht ausdrücken wenn das „Krach am Bach“ Festival beschreibe. Atmosphäre in Worte zu fassen ist de facto nicht einfach und die richtigen Worte für dieses Festival zu finden ebenso. Aber ich will es mal versuchen. Also, wir reden über green camping, über fair trade merch, über Preise die nicht von dieser Welt zu sein scheinen (Bier 2€, Cola, etc 1€), über ein sehr schön angelegtes Gelände und eine außergewöhnliche Bandauswahl. Ok, mag man denken das ist so ein kleines Ding, aber weit gefehlt – das ist es bei weiten nicht. Immerhin sind es knapp 2500 Zuschauer die den Weg nach Beelen, in der Nähe von Warendorf gelegen, finden. Dazu kommt nach, dass der Überschuss immer mehren gemeinnützigen Organisationen zu Gute kommt.  Das Camping Areal ist zweigeteilt. Party am Festivalgelände und Ruhe etwas weiter entfernt. Durchaus eine gute Wahl da es auch nur ca. 7 Gehminuten sind aber nachts wirklich ruhig ist. Es wird ein Müllpfand von 20€ erhoben den man zurückerstattet bekommt wenn der Platz ordnungsgemäß verlassen wird. Von daher ist Müllvermeidung der richtige Weg.

Das Festivalgelände ist liebevoll gestaltet. Es gibt zwei Bühnen. Die High Horse Stage ist die Hauptbühne, die Waltzing Wannerupp Stage ist die kleine Nebenbühne. Die Konzerte laufen abwechselnd, so dass es keinerlei Langeweile gibt. Die Wege sind kurz. Kulinarisch bleiben keine Wünsche offen, vom Veggie Burger über Pizza bis hin zu Nudeln ist alles vertreten. Auch ein Eis-Stand durfte nicht fehlen ebenso wie die Cocktail Bar.

Samavayo

Samavayo

Musikalisch wurde der Reigen am Freitag von Samavayo eröffnet. Ihr Gitarrist ist Iraner,
einige Songs werden auf persisch gesungen. Muss man sich vorstellen, eine Stoner Band die sich persischer Lyrics bedient. Das nenne ich mal weltoffen. Die Ansagen kamen auf Deutsch und trotz mehrmaliger Aufforderungen kamen nicht mehr Nackige vor die Bühne. Das neue Album heisst übrigens „Dakota“. Acht Jahre gehen schnell rum, die Band war vor acht Jahren das letzte Mal auf dem „Krach am Bach“. Auf der Waltzing Wannerupp Stage heizten anschliessend Stonerhead ein. Die drei aus Bielefeld, einer Stadt die es ja gar nicht geben soll, drehten richtig am Rad. Gitarrist Philip Blavius  zeigte dass auch das Instrument mit einem durchgehen kann. Cooler Stonerrock, live prima anzuschauen.

Die nächste Band war einer der Gründe dieses Festival aufzusuchen. Die Rede ist von Wucan aus Dresden. Die Idee, Rock mit anderen Instrumenten zu kreuzen ist wahrlich nicht neu aber

Wucan

Wucan

kann immer wieder schön sein. Zu den Standardinstrumenten gesellten sich hier Querflöte und Theremin, beides von Frontfrau Francis gespielt. Wucan gab sich sehr druckvoll auf der Bühne. Das hatte ich so nicht erwartet. Na klar waren alle bekannten Songs am Start. Das letzte Stück „Wandersmann“ lädt zum improvisieren ein, diese Einladung wurde dankend angenommen. Gesanglich gab es sogar Nina Hagen Anleihen. Ta tatata tatata tatatatatata taaaaa – „Sounds like metal, yeah?“. Schon ging es los: Mein Nebenmann, nebst Frau intonierte „My mother was a witch, she was burned alive…“  – zweifelsohne hier wurde „Am I Evil“ von Diamond Head als Zugabe goutiert. Mähnen wurden geschüttelt, Fäuste gen Himmel gestreckt.

Nun war es Zeit für Elektro-Indie-Rock. Zuständig waren Langtunes aus dem Iran. Auch sie waren vor einigen Jahren schon mal auf dem Festival. Für mich war es an der Zeit mal an die Nahrungsaufnahme zu denken.

Mars Red Sky war eine meiner Entdeckungen de vergangenen Jahres. Durch den Kontakt mit der Band  schaffte ich es noch, einige Tonträger nachzubekommen. Sie starteten mit einem Hybridsong, bestehend aus dem Intro von „The Light Beyond“ und „Appex 3“ beendet mit

Mars Red Sky

Mars Red Sky

einem 10 sekündigen „Sapphire Vessel“ in den Gig. Kein Stück um abzurocken aber man konnte sich bedächtig einhören. Anfänglich kam der Sound nicht so gut rüber aber das besserte sich im Laufe das Gigs. Die Franzosen spielten einen souveränen Stiefel in der schon bekannten ruhigen Art. Beendet wurde der Auftritt mit dem großartigen „Strong Reflection“ .

Mother's Cake

Mother’s Cake

Mother’s Cake durften im Anschluß die Waltzing Wannerupp Stage in Schutt und Asche legen. Die Österreicher zündeten ein Feuerwerk verschiedener Stilrichtungen, durchaus rockig, durchaus funkig und nie langweilig.

Greenleaf ist schon eher bekannt. Die kauzig daherkommenden Schweden sind auch wirklich schon lange unterwegs und mussten sich ihre Akteptanz durch unzählige Clubshows hart erarbeiten. Das ist mal richtig cooler Stoner Rock. Gitarrist Tommi Holappa verdiente sich auch bei diesem Auftritt wieder Höchstnoten. Coole Riffs und Licks und alles sehr schweisstreibend. Modisch kein Trendsetter aber

Greenleaf

Greenleaf

stimmlich allemal erste Liga ist Sänger Arvis Johnsson. So treibt man Songs nach vorne. Es gab auch wieder mal ein Drumsolo und mit „Goin‘ Down“ noch ein schönes Freddie King (Don Nix) Cover zum Abschluss.

Musikalische Zweierbeziehungen gibt es ja mittlerweile des Öfteren. Gittare mit Drums, Bass mit Drums, alles scheint möglich und ein zusätzliches Instrument wird nicht vermisst. Powder for Pigeons ist ein australisch/deutsches Duo in der Gitarren/Drums-Besetzung Musikalisch konnten sie auf der kleinen Bühne ein veritables Stoner/Doom Gemisch zum Besten geben und hinterließen nach dem letzten Stück „Said & Done“ ein zufriedenen dreinschauendes Publikum.

Powder for Pignons

Powder for Pignons

Electric Moon hatte dann im Anschluß die Aufgabe für einen schönen Ausklang des ersten Tages zu sorgen. Das Trio tat dieses  mit psychedelisch angehauchtem Rock der gut und gerne in den 70ern beheimatet sein könnte. Eine Klangwolke die einen direkt ins Nachtlager beförderte.

Tag zwei begann mit einem gutem Frühstück – Leute das Frühstück ist der Hammer – und der Vorfreude auf die erste Band. Dead Lord sollte diesen Tag eröffnen und sie taten es gewaltig. Die Strategie, solche Bands an den Anfang zu stellen, kann nur sein: Die Leute sollen auf’s Gelände. Trotz eines kräftigen Katers, den sie
ignorierten „Don’t Give A Damn“ knallten sie voll los. Twingitarren at its best, eine tolle Show und auch der Hinweis dass einiges auf dieser Welt nicht in Ordnung ist „History repeats itself again“, „Ruins“.  Sänger und Gitarrist Hakim Krim lässt die Gitarre bei „Onkalo“ schluchzen dass es einem fast das Herz sprengt, das Gitarrenduell darf natürlich nicht fehlen und auch nicht die Hommage an Lemmy „Stone Deaf Forever“ als Zugabe.

Dead Lord

Dead Lord

Es regnete wieder in Strömen als Metzer 58 angingen ihr Inklusionsprojekt an den Mann/die Frau zu bringen. Musikalisch nicht so meins, da nicht ich scheinbar der Punk Szene „entwachsen“ bin. Die Idee ist aber 1a.

Als Mutiny Of The Bounty die Bühne betraten, kam die Sonne heraus und das unbeständige Wetter hatte ein Ende. Damit war klar dass das Festival dieses Jahr, vom Schlechtwetter verschont, zu Ende gehen wird. Das Areal vor der Bühne füllte sich mehr und mehr und vier Instrumentalisten konnten ihren verspielten, von häufigen Breaks und Tempiwechseln durchzogenen -hmmm vielleicht- Space Rock vor schöner Kulisse spielen.

Town Of Saints wollte ich schauen, aber auch der geneigte Schreiber ist nicht vor Essens- und Getränkeaufnahme gefeit. Hole ich aber nach – versprochen!

Glowsun

Glowsun

Letztes Jahr im Vortex durfte ich Glowsun schon einmal bestaunen und die Wucht ihrer Musik in dem kleinen Club war enorm. Ich war gespannt wie das auf einem Festival klingen würde und ich war überrascht. Es funktioniert tatsächlich. Der gesamte Gig war wie aus einem Guss und nach und nach entstand ein Klangteppich, von teilweise düsterer Dichte, der schnell an Fahrt aufnahm.

„Elysian Pleasures“ heisst das neueste Werk von Carpet, einer Band aus Deutschland. Prog meets Jazz meets Rock. Vielleicht kann man es so umschreiben. Ein schöner Auftritt mit einem ungewöhnlichen „Ace Of Spades“ als Abschluss.

The Grand Astoria beschäftigen sich mit guten Gitarrenriffs, eingängigen Melodien und einem gesunden Schuss Härte. Dies Mischung präsentierte die Band aus St. Petersburg mit Inbrunst. „Now Or Never“ hat sogar Hitcharakter. Da sag ich mal „sa sdorowje“ und mach mir ein Bier auf.

Für Wilhelmfreddie gilt das gleiche wie schon etwas vorher erwähnt. Ich hole es nach – versprochen!

The Vintage Caravan

The Vintage Caravan

Das The Vintage Caravan abräumen, da gibt es keine zwei Meinungen. Die Isländer haben ihren zwei Longplayern „Voyage“ und „Arrival“ eine hohe Präsenz auf Festival und Konzerten folgen lassen. Ihre Show ist voll von gutem Stageacting, beinhaltet tolle Songs, auch die Improvisation kommt nicht zu kurz und das alles schon in diesem Alter – beeindruckend! Bleibt nur zu hoffen, dass sie nicht so gehypt und glattgebügelt werden wie schon so manche Band davor.

Them Moose Rush

Them Moose Rush

Aus Kroatien kommen Them Moose Rush. Stark an die 80er erinnernd spielten sie einen Mix aus experimentellen Klanggewirken unterlegt mit rockigem Groove, allerdings nie zwingend und treibend. Vielleicht war ich auch nur zu müde dafür?!

Color Haze

Color Haze

Das Festival beenden sollten Color Haze. Wer
mit Jane, Epitaph, etc. aufgewachsen ist, der ist sofort drin. Zusammen mit einer gelungenen Light Show, die das musikalische Wirken sehr gut unterstrich, konnte man die letzte Band des Abends bei kühler werdenden Temperaturen genießen.

Zusammenfassung:

Das ist mit Sicherheit ein Festival welches direkt einen festen Platz in meinem Terminkalender bekommen hat. Warum? Zwei Tage, tolle Bands – eigentlich für jeden etwas dabei. Zwei Bühnen aber man verpasst nichts. Für das leibliche Wohl ist in höchstem Maße, zu unschlagbaren Preisen, gesorgt. Die Merchartikel werden nicht von asiatischer Kinderhand genäht und sind trotzdem sehr günstig. Kaufen ist hier ein Muss. Campen, mit Zelt, Bulli oder WoMo, ist bestens organisiert. Die Wege sind kurz.

Mit einem Wort:

Fantastisch!

Web-Site des Festivals

Facebook Präsenz

Hier noch ein paar Eindrücke: