Torfrock - Meisterstücke (31.10.2014)

 

Im rauhen Klima zwischen Nord- und Ostsee gedeihen die besten musikalischen Früchte und so hat man eigentlich nur zwei Chancen, entweder man wächst mit den volkstümlichen Weisen von Godewind oder mit den rockigen Geschichten von Torfrock auf. Und jene letztgenannten Mannen, sind wohl passender, als irgendwelche Volksmusiker. Torfrock gehören zu Schleswig Holstein wie der Kohl, der Fisch und natürlich die Wikinger. Die Band erblickt 1977 das Licht der Welt, auch wenn die Gründungsväter Klaus Büchner und Raymond Voß sich schon eine Weile länger kennen. Im selben Jahr erscheint auch die erste Schallplatte "Dat mascht so schön", doch Torfrock können schon anfänglich weder rasten noch ruhen und so dauert es nur knapp ein Jahr bis der nächste musikalische Erguss mit "Rata-ta-zong" erscheint. Schnell erspielt sich die norddeutsche Band eine solide Fangemeinde und ihre Lieder sind in aller Munde. Mit "Torfrockball im Hühnerstall (1979)", "Vierter Versuch (1980)", "Mein Gott sind wir begabt (1982)" und "Torfmoorholmer Hitparade (1983)" erscheinen weitere Werke aus dem Hause der Wikinger-Rocker. Danach schließt sich das Buch um die Musiker für eine Weile, wobei so richtig weg sind sie nicht, denn viele Entdecken in den 80ér Jahren die Band erst. So war es auch bei mir, beim Stöbern im Kassetten-Regal meiner Eltern fiel mir die "Torfrockball im Hühnerstall" und die "Vierter Versuch" in die Hände, Songs wie "Sonntagsjäger", "Rollo´s Wampe" oder "Karola Petersen" waren auf den Schulhöfen auch Ende der 80èr Jahre noch echte Hit´s auf den Schulhöfen. 1990 wird Werner der Kultcomic von Brösel verfilmt und durch den Titelsong kommt auch wieder Bewegung in die Band Torfrock. Das Stück "Beinhart" kann sich ganze 25 Wochen in den Charts auf Platz 1 halten, was wohl einer der größten Erfolge der Band ist und ihnen einen großen Sprung nach vorne ermöglicht. Zudem spricht Klaus die Stimme von Werner und Raymond leiht dem Presi seine Stimme, da diese unverwechselbar ist und wie die Faust auf´s Auge passt. Nun veröffentlichen die kultigen norddeutschen Rocker wieder einiges an Alben und steuern auch zu den weiteren Werner Filmen einige Songs bei. 2001 erscheint mit "Einigkeit und Blech und Freizeit" das vorerst letzte Studioalbum, zwar sind die Mannen von Torfrock nicht untätig, aber es dauert nun mehr 13 Jahre bis wieder ein neues Album in Angriff genommen wird. Meisterstücke vereint neue Songs mit Klassikern im neuen Gewand und ist ein unbedingtes Muss für eingefleischte Fans. New-Metal-Media wirft einfach mal einen Blick auf den Doppel-Silberling und schaut was Torfrock für uns bereit halten.

"Midde Band" ist ursprünglich auf dem Album "Alle an die Ruder", welches 1990 erschien, doch die Versionen unterscheiden sich wie Tag und Nacht. So ist der ursprüngliche Track ein wenig schneller gehalten, doch in dieser neuen Aufnahme zeigen Torfrock, dass sie auch einen Stil beherrschen, der sowohl Elemente aus dem Blues, als auch aus dem Rock mit einander vereint und somit schaffen sie einen ganz neuen Sound zu einem bekannten Text. "Die Sonntagsjäger" wurden ebenso umgearbeitet, der Rhythmus ist immer noch flott gehalten, geht aber Richtung solidem Rocksound, wobei hier gezielt auf akustisch klingende Gitarren gesetzt wird. Der Text wurde nicht verändert, trotzdem ergibt sich etwas ganz neues. Zudem hören sich die Tracks anfänglich ein wenig ungewohnt an, was aber nicht als schlecht zu werten ist, nur nach 30 Jahren Bandgeschichte ist es manchmal nicht so einfach für Musiker eine neue Klangfarbe zu entwickeln, den Mannen von Torfrock gelingt dieses Kunststück allerdings spielerisch. Wie schon eingangs berichtet, waren Torfrock auch für so manchen Song auf den Soundtrack-CD´s zur Werner Reihe beteiligt. 2011 kommt Werner - Eiskalt in die Kinos und die norddeutschen Musiker spielen einen Track ein, welcher sich auch auf Meisterstücke wieder findet. "Eiskalt" ist geprägt durch die Stimme von Klaus Büchner und der Refrain geht, wie die meisten Stücke der Torfrocker volle Kanne ins Ohr. Vorsicht ist hier geboten, denn nach nur wenigen Durchläufen frisst der Song sich in die Trommelfelle und verbleibt einige Zeit in den Gehörgängen, also aufgepasst es herrscht Suchtgefahr. "Sangria por favor", bei diesem Song lehne ich mich mal weit aus dem Fenster und behaupte, dass der Song auf einem Bossanova Rhythmus basiert, was dem Ganzen einen sehr ungewohnten Klang gibt, trotzdem sei auch hier gesagt, Fans von Torfrock werden alleine schon textlich auf ihre Kosten kommen. So kann man das Flair von Spanien direkt nach Schleswig Holstein transportieren, oder war es vielleicht andersherum? Mit "Volle Grante Renate" kommen wir zurück zu den Wurzeln der Band, aber auch hier haben die Musiker sich etwas einfallen lassen und so singt nicht wie in früheren Versionen Klaus den Text, sondern Raymond übernimmt diese Aufgabe. Rhythmisch gesehen ist der Song ziemlich gleich geblieben, trotzdem rockt das Stück gewaltig und so gehört der Track jetzt schon zu meinen Anspieltipps auf dem Album "Meisterstücke". Wer im Norden wohnt, der kennt auch die Geschichte von Hauke Haien, dem Schimmelreiter von Theodor Storm. Auch Torfrock erzählen die Geschichte auf ihre ganz eigene Art, als Grundlage dient ihnen Paranoid von Black Sabbath, wobei sich schon viele an diesem Song versucht haben und daran gescheitert sind. Man erinnere sich nur an den "Hund von Baskerville" von Cindy & Bert, wobei der Song heute wohl eher einer Comedy Nummer gleich kommt. Die Mannen von Torfrock, gestalten das Ganze allerdings sehr viel schneller und natürlich auch wesentlich geistreicher und so kann man das Stück gerne eine Male laufen lassen. "No Chanze for Romanze" arbeitet mit Texten im nordischen Denglisch die musisch mit trabenden rockigen Tönen unterlegt sind, auch hier zeigen sich die Torfmoorholer Barden wieder in Höchstform und Fans der Band kommen voll auf ihre Kosten. "Beinhart" ist die Hyme des ersten Werner Film und in dieser neuen Version gehen Torfrock einen härteren Weg und schrammen ganz eng am Hardrock vorbei. Trotzdem ist und bleibt dieser Track Kult und so ist dieses neue "Beinhart" als Bereicherung zu sehen. 37 Jahre machen die Band um Klaus und Raymond bereits Musik und noch nie klangen sie so frisch und rockig wie im Jahre des Herren 2014. "Am Montag komm ich spät nach haus", so beginnt "Trunkenbold" eins meiner persönlichen Highlights aus der Feder der Torfrocker, denn schon in der Urversion ist das Stück sehr rockig, doch nun legt der norddeutsche Vierer noch eine Schippe nach und gestalten das Ganze noch einen Tick blues-lastiger, mit langen gut ausgespielten Gitarrenparts, die eigentlich vom Können her schon für sich sprechen. Ich kann einfach nicht anders und so läuft der Track hier einige Zeit in Dauerschleife, auch wenn er mit fast 9 Minuten sehr ausladend gehalten ist. Mit "Rollos Erleuchtung" kehren Torfrock zurück zu ihren musikalischen Wurzeln und erzählen die Geschichte um den Wikinger Rollo ein wenig weiter. Leider geht der erste Silberling an dieser Stelle schon zu Ende, nach 10 Songs mit hohem Unterhaltungswert wird es Zeit, die nächste CD einzulegen. "Hey Joe" stammt im Original vom unvergessenen und unvergleichlichen Jimmy Hendrix, dessen Gitarrentechnik wohl bis heute einzigartig und legendär ist. Schon früh wagten sich die Mannen um Klaus Büchner an diesen Klassiker, doch nun erscheint der Titel im komplett neuen Gewand, die Riffs sind rockig und sauber ausgearbeitet und hätten selbst dem großen Hendrix alle Ehre gemacht. So ist es nicht weiter verwunderlich, dass man den Song gerne das ein oder andere Mal laufen lassen kann. "Die Bagalugen-Band" gehört zu den Titeln, die mich auch heute noch berühren, denn mit diesen Songs verbindet man doch eine ganze Menge, zudem sitzt der Text und so erwische ich mich doch das ein oder andere Mal dabei, wie ich mitsinge. Der Sound ist natürlich überarbeitet und färbt so das Stück, ungefähr so wie es im Text heißt "Auf unsere Band fällt buntes Licht, denn sieht man unsere Narben nicht". Also aus Alt mach was ganz neues. "Presslufthammer-B-B-Bernhard" gehört zu den klassischen Torfrock Geschichten, denn wer kennt den Mann vom Bau nicht? Der Text wurde hier neu vertont und ein wenig rockiger gestaltet. Zudem ist es schön, das die Torfmoorholmer das Stück mit auf Meisterstücke gebannt haben, denn ohne Bernhard wäre das Langeisen einfach unvollständig gewesen. "Freie Bahn mit Marzipan" stammt aus dem Werner Film "Gekotzt wird später", der vierte Film der Werner Reihe stammt aus dem Jahr 2003 und handelt davon, wie Werner und der Geselle Eckard mit dem Auto nach Korsika fahren um dort einen Flachköpper im Meer zu machen. Der Könich auf der Fahrt ist immer der, der beim Würfeln gewinnt. Als Zeichen der Macht erhält der Könich eine Krone und Fliegenklatsche, es fließt wie in allen Werner Filmen reichlich Bier und auch der Humor kommt nicht zu kurz. Mit "Rollo, der Wikinger" hat es ein Song vom Debütalbum der Norddeutschen Rocker mit auf dieses Doppelalbum geschafft. Auch hier spielen die Mannen wieder mit den Klängen und lassen Rollo in einem ganz neuem Licht erstrahlen. Leider entdecke ich jetzt langsam ein Problem, Meisterstücke ist so voll gepackt mit alten und neuen Kultsongs, dass es schwer ist etwas Besonderes hervor zu heben, denn alle Songs sind gleich bleibend unterhaltsam und kurzweilig. "Kettenhemd" zeigt wie variabel musikalisch gesehen die Mannen aus dem Norden sind, so klingt der Song ein wenig nach irischer Volksmusik, gepaart mit rockigen Ansätzen. Alles in Allem kann man das Stück gleich mal mehrfach hören, denn neben dem Witz geht auch die Melodie gewaltig in Ohr und verbleibt dort eine Weile. Um einen solchen Ohrwurm zu bekämpfen, hilft es nur den Track noch einmal laufen zu lassen. Rockig krachend eröffnet "Willi, die Ratte", doch täuschen lassen sollte der Hörer sich hier nicht, denn Torfrock wildern hier nicht nur im trabenden Rockbereich, sondern verwerten auch noch den klassischen Blues mit all seinen Facetten. Der Fan bekommt hier auf über 8 Minuten mehr geboten als von mancher Band in einer Stunde Bühnenprogramm, zudem sollte man nicht erstaunt sein, wenn man das Stück In der Halle des Bergkönigs von Edvard Grieg entdeckt. Wer sich nun die Frage stellt, ob das passen kann, dem sei gesagt, einfach mal ein Ohr zu riskieren, bereuen werdet ihr es auf jeden Fall nicht. Mit "Rock`n`Roll Ruine" nähern wir uns dem Ende des Longplayers, denn es verbleibt leider nur noch "Torfmoorholm sagt Gute Nacht", wie ich finde ein sehr gut gewählter Song für den Ausklang, des Doppel-Rock-CD-Erlebnisses.

Fazit:
Bei diesem Review war es nicht ganz so einfach, denn Torfrock zeigen, das man 37 Jahre musikalische Geschichte in ein Album packen kann, aber sie verarten nicht, dass es mindestens 1801 Worten bedarf, diese Meisterstücke auch nur ansatzweise zu ergründen. So ist es auch nicht weiter verwunderlich, wenn man bei jedem neuem Durchlauf, neue Facetten und kleine und größere Spielereien entdeckt. Ich persönlich hoffe, dass Torfrock uns noch lange erhalten bleiben und vielleicht zu den Norddeutschen Stones werden. Dann schreiben wir hoffentlich auch zum 50 jährigen Bestehen der Band und zu einem Album, welches dann 4 CD`s beinhaltet. Bis dahin kann man aber nur eine Empfehlung aussprechen, denn Meisterstücke gehört in jede gute Plattensammlung. Rock bleibt für die Ewigkeit.

Line Up: Klaus Büchner, Raymond Voss, Volker Schmidt, Stefan Lehmann

 

 

Soundqualität: 10/10                Variation: 10/10                      Cover: 8,5/10         Booklet: 10/10
Gesamt: 9,6/10

Homepage: http://www.torfrock.de/
Facebook: https://www.facebook.com/Bagalutenband
 

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