Vor 2 Jahren im Rahmen ihrer Tour zum neusten Werk „Freiheit“  bot sich die besondere Gelegenheit mit Sänger Eviga zu sprechen. Wir werfen im Jahr 2016 einen Blick zurück und erfahren hier was der sympathische Tiroler zu erzählen hatte.

NMM: Hallo Eviga danke das dir wieder Zeit für uns nimmst

Eviga: Gerne Gerne

NMM: Wie geht es dir?

Eviga: Wir stehen ja noch recht relativ am Anfang der Tour deswegen muss man sich erstmal akklimatisieren.  Wir waren ja lange nicht mehr auf einer längeren Tournee, deswegen ist die Umstellung auf den Tour Bus wieder etwas Besonderes – gerade für mich. Ich habe wenig geschlafen die letzten zwei Nächte. Aber mein Gott ansonsten läuft es super. Die Stimmung im Bus ist toll, weil wir uns untereinander wieder sich sehr gut verstehen und auf dieser Basis kann man wahnsinnig viel in Kauf nehmen. Gestern waren wir bei einem Open Air aber da war leider strömender Regen beim Auftritt;  so wie man sich das vorstellt haha… insofern sind wir ein bisschen angeschlagen gesundheitlich aber das Positive überwiegt sehr stark.

NMM: Das neue Album hört auf den Namen Freiheit. Möchtest du mir ein wenig darüber erzählen?

Eviga: Gerne was würdest du gerne darüber wissen? Eher über die Produktion oder?

NMM: Gut dann kürzen wir das etwas mit einer anderen Frage ab die auch damit zusammenhängt. Woher kommt das schöne Cover und wie ist es entstanden?

Eviga: Tatsächlich ist eine Fotografie. Ich meine, das erkennt man ja recht schnell, aber weil viele Leute gefragt haben weil das ja untypisch für uns sei. Viele Leute überrascht das, weil wir ja oft gemalte Cover haben, aber ich glaube, was viele nicht wissen, ist,  dass zum Beispiel das „Hexenwind“ Cover ursprünglich  ein Foto war. Genauso das „In Luft geritzt“ Cover; allerdings stark bearbeitet. Das neue Cover ist an der französischen Atlantikküste entstanden. Es sind vor allem die Symbolik und die große motivische Klarheit, die mir wichtig bei dem Cover sind. Es kommuniziert viel Ruhe und große Dimensionen – und es zeigte einen Schwellenmoment; – eben genau diesen Moment zwischen Tag und Nacht, was auf den Inhalt des Albums verweist. Die Grenzerfahrung zwischen zwei Gegensätzen ist von zentraler Bedeutung für das Album.

NMM: Das Cover von „Hexenwind“ finde ich nach wie vor sehr schön.

Eviga: Es ist sehr minimalistisch, aber es kommt viel rüber, ja.

NMM: Wurde das bei euch in Wald aufgenommen in Tirol?

Eviga: Ja,  das ist der Wald unterhalb der Nordkette über Innsbruck.

NMM: Muss schön bei euch sein

Eviga: Ja schon (lacht) das ist schon wahr ja

NMM: Wenn ihr mal nicht gerade auf den Bühne seid oder Interviews führt wie sieht das Leben hinter der Bühne aus?

Eviga: Du meinst während der Tour oder? Oder meinst du mehr privat?

NMM: Ja so privat

Eviga: Ja, da musst du  schon etwas präziser werden haha.

NMM: Ich habe mal gelesen dass du in einer Bibliothek arbeitest? Ist das regulärer Job?

Eviga: Mittlerweile ist meine Arbeit an der Bibliothek mehr geworden, ja. Auch mein Studium liegt in den letzten Zügen. Aber im Moment bin selbst irgendwo zwischen verschiedenen Lebensabschnitten. Vieles wird sich wandeln, noch ist aber nichts wirklich spruchreif.

NMM: Was mich mal interessieren würde wie kam es zu dem Bandnamen?

Eviga: Ah das ist natürlich eine gute Frage, die ich gar nicht mehr genau beantworten kann. Die ist mir hin und wieder gestellt worden in den letzten Jahren. Alles was ich weiß ist, dass ich nicht die Idee hatte und auch nicht unser alter Keyboarder Valnes. Ich glaube, das geht auf unseren ersten Bassisten zurück, mit dem ich eigentlich immer noch befreundet bin, der aber nur ganz kurz in der Band war.

NMM: Gerade mit dem Namen hatte ich eine ziemlich abstruse Geschichte da war ich in Reha da hatte ich ein Shirt von euch an. Da sind ein paar Leute auf mich zugekommen und mich gefragt haben Bist du ein Nazi? Weil dahinter ja „Reich“ steht und schon tja

Eviga: Viele Teile der deutschen Sprache sind leider sehr negativ besetzt aus der NS-Zeit, ja. Traurig, denn  die Sprache kann ja nichts dafür, dass sie missbraucht wurde – und so steckt hinter dem Namen „Bahnführer“ auch kein Nazi…

NMM: Dieses Jahr ist auch euer 18 Jähriges Band bestehen das wirklich lange Zeit das muss doch ein tolles Gefühl sein?

Eviga: (lacht) Ja ,irgendwie schon ja, aber man merkt natürlich auch: okay, also ich habe angefangen, da war ich noch nicht mal so alt wie die Band jetzt ist. Ich war 16 und fragte mich, wie das scheinbar so ferne Land  jenseits der 30 sich wohl anfühlt. Und jetzt bin ich selbst mittendrin haha… Aber klar,  es ist schon toll, das Dornenreich  immer noch Bestand hat und vor allem ist es schön, dass immer wieder Leute – wie auch du – zu unseren Konzerten kommen,  mit denen man wirklich aufgewachsen ist. Und dass diese Menschen immer noch so viel mit Dornenreich verbinden, berührt mich freilich sehr.

Dornenreich

NMM: Viele haben ja den CD Titel irgendwie so interpretiert das es so hieß oh das ist eure Abschiedstour aber das ist ja überhaupt nicht so. Ich weiß nicht wie die Leute darauf kommen nur weil es es vor raus sichtlich euer vorerst letztes Album ist. Aber das schließen die Leute gleich mit „Ja das war es dann von uns“

Eviga: Ja, ich war auch erstaunt. Und mir war natürlich schon beim Verfassen unseres Statements klar, dass unsere Ankündigung „Freiheit = letztes Studioalbum für längere Zeit“ in der Presse aufgebauscht werden würde.  Aber ich hab deshalb mit Bedacht wie du selber sagst sehr vorsichtig formuliert und ich finde es eigentlich schon sehr seltsam das dass gleich das Ende einer Band sein soll nur weil jetzt mal kein Studioalbum mehr folgt. Für uns ist es eher eine Fokusverschiebung hin zu vielen speziellen Bühnenaktivitäten und hin zu freien Experimenten im Stillen – ähnlich wie nach der „Her von welken Nächten „ da haben wir uns schon bewusst zurück genommen und uns wieder neu sortiert und uns neue Horizonte erschlossen. Aber es ist sicher nicht das Ende der Band und dies ist  auch gewiss nicht unsere Abschiedstournee. (lacht)

NMM: Ich habe die Meldung ja auch gelesen  aber es steht ja da extra vorerst letztes aber da haben die  meisten einfach nur letztes Album gelesen und schließen gleich daraus. Oh letztes Album gleich Abschiedstour müssen wir hin.

Eviga: Es wird der Tour vielleicht nicht schaden, aber es ist faktisch nicht so.

NMM: Wir hatten beim ja letzten Mal über das Thema Quantität statt Qualität gesprochen. Und ich schätze Dornenreich so ein das bevor ihnen gar nichts mehr einfällt sie lieber überhaupt nichts mehr machen.

Eviga: Ja, genau, das ist eigentlich die ultimative Konsequenz. Ich war erstaunt wie Leute uns dann gefragt die halt geglaubt haben das wäre das Ende und warum bloß? Und ich denke das uns Kunst soviel bedeutet wie du es sagst, dass wir uns schon genau fragen, warum wir das machen, was wir machen  und wie wir das weiter auf dem Niveau halten können. Und genau: bevor wir irgendwas machen, sagen wir lieber, okay,  wir werden das sicher nicht verderben, nur um irgendwie irgendwas regelmäßig zu veröffentlichen. Kunst meint mir durchaus eine heilige Form der Kommunikation.  Deswegen beutet unsere Albumpause auch nicht, dass wir die Lust verlieren oder gar keine Ideen mehr haben.  Ganz im Gegenteil: wir gehen einfach ganz bewusst mit unserer Energie und mit dem um, wofür Dornenreich steht: Qualität, Individualität, Authentizität. Das Leben ist komplex – und die Musikindustrie ist es auch, mehr denn je sogar. Und man muss sehr auf sich und seine Vision achten, um nicht zu verglühen…

NMM: Was ja gerade so ein Trend ist bei Bands die schon relativ lange aktiv sind dabei sind ihre ganzen alten Alben nochmal neu aufzunehmen

Eviga:  Das ist auch was, was mir relativ fremd ist. An Ideen hat es uns nie gemangelt und  ich verstehe schon, dass – wenn vielleicht die ersten Produktionen nicht so toll waren klangtechnisch – man die Stücke in besserem Klanggewand hören möchte. Aber ein Album ist ja auch eine Moment- bzw. Lebesnabschnittsaufnahme – und gerade bei Dornenreich wäre eine Neuaufnahme total undenkbar bzw. von vornherein unauthentisch, weil die ersten Alben aus und in der Inbrunst meiner Jugend entstanden sind.

NMM: Das kann ich bei vielen Bands auch nicht nachvollziehen wo man die Anfänge kennt und die dann krampfhaft versuchen nochmal mit anderem Sound und so ich bin da auch kein Fan davon.

Eviga: Nein, man schließt ja eine Band ins Herz, die ganzen Facetten und auch den Klang und wenn sich das alles komplett verändert, geht oft auch der Charme, die Atmosphäre verloren.

NMM: Alles fing ja an mit „Nicht um zu sterben“ wo ja sehr viele Emotionen inne waren. Also das merke ich selbst heute noch wenn ich mir das Album zu Gemüte führ also man merkt einfach dass es einfach authentisch ist, was da rüberkommt. Und meine Frage Wie viel denkst du, steckt vom damaligen Eviga heute noch in dir?

Eviga: Das ist eine gute Frage (überlegt) ich denke schon sehr viel, vielleicht mehr als mir selbst lieb ist in gewisser Weise. Heute – angesichts der ganzen Verzahnungen im Musikgeschäft – frage ich mich durchaus oft, warum mach ich das alles und warum habe ich eigentlich angefangen. Und die ursprüngliche Magie, auf die ich dann stoße, habe ich mir über all die Jahre bewahrt. Dass es etwas ganz besonderes ist, sich mitteilen zu können, sich auszudrücken und mit anderen Menschen in einen so emotionalen Dialog einzutreten, sich einer Sache hinzugeben. Und das spürt man schon bei „Nicht um zu sterben“.

NMM: Das war die CD womit alles angefangen hat bei mir dann ging alles schön der Reihe nach aber auch wirklich exakt die Diskografie gefunden von euch. Darüber habe ich schon das letzte Mal gesprochen aber „Nicht um zu sterben“ das ist nicht aufgesetzt das ist echt.

Eviga: Ja, schon – und das ist wahnsinnig gut für die Band, ob es allerdings für mich als Mensch so gut ist,  das ist halt eine andere Frage, mit der ich über die Jahre auch immer gehadert habe. Weil ich schon in so jungen Jahren angefangen habe und meine Werke auch veröffentlicht wurden. Das nimmt natürlich schon Einfluss auf die eigene Entwicklung. Und zwar mehr als es mir damals bewusst war.

NMM: Gut die letzten Worte gehören jetzt dir

Eviga: Ja was fällt mir da Kluges ein… Auf jeden Fall freut es mich wahnsinnig, dass du ja wirklich schon sehr oft bei Konzerten warst und du uns über viele Jahre die Treue gehalten hast.  Es ist schön, dich wiederzusehen und zu sehen, dass dir Dornenreich immer noch viel zu bedeuten scheint.