Im rauhen
Klima zwischen Nord- und Ostsee gedeihen die besten musikalischen Früchte und so
hat man eigentlich nur zwei Chancen, entweder man wächst mit den volkstümlichen
Weisen von Godewind oder mit den rockigen Geschichten von Torfrock auf. Und jene
letztgenannten Mannen, sind wohl passender, als irgendwelche Volksmusiker.
Torfrock gehören zu Schleswig Holstein wie der Kohl, der Fisch und natürlich die
Wikinger. Die Band erblickt 1977 das Licht der Welt, auch wenn die
Gründungsväter Klaus Büchner und Raymond Voß sich schon eine Weile länger
kennen. Im selben Jahr erscheint auch die erste Schallplatte "Dat mascht so
schön", doch Torfrock können schon anfänglich weder rasten noch ruhen und so
dauert es nur knapp ein Jahr bis der nächste musikalische Erguss mit "Rata-ta-zong"
erscheint. Schnell erspielt sich die norddeutsche Band eine solide Fangemeinde
und ihre Lieder sind in aller Munde. Mit "Torfrockball im Hühnerstall (1979)",
"Vierter Versuch (1980)", "Mein Gott sind wir begabt (1982)" und "Torfmoorholmer
Hitparade (1983)" erscheinen weitere Werke aus dem Hause der Wikinger-Rocker.
Danach schließt sich das Buch um die Musiker für eine Weile, wobei so richtig
weg sind sie nicht, denn viele Entdecken in den 80ér Jahren die Band erst. So
war es auch bei mir, beim Stöbern im Kassetten-Regal meiner Eltern fiel mir die
"Torfrockball im Hühnerstall" und die "Vierter Versuch" in die Hände, Songs wie
"Sonntagsjäger", "Rollo´s Wampe" oder "Karola Petersen" waren auf den Schulhöfen
auch Ende der 80èr Jahre noch echte Hit´s auf den Schulhöfen. 1990 wird Werner
der Kultcomic von Brösel verfilmt und durch den Titelsong kommt auch wieder
Bewegung in die Band Torfrock. Das Stück "Beinhart" kann sich ganze 25 Wochen in
den Charts auf Platz 1 halten, was wohl einer der größten Erfolge der Band ist
und ihnen einen großen Sprung nach vorne ermöglicht. Zudem spricht Klaus die
Stimme von Werner und Raymond leiht dem Presi seine Stimme, da diese
unverwechselbar ist und wie die Faust auf´s Auge passt. Nun veröffentlichen die
kultigen norddeutschen Rocker wieder einiges an Alben und steuern auch zu den
weiteren Werner Filmen einige Songs bei. 2001 erscheint mit "Einigkeit und Blech
und Freizeit" das vorerst letzte Studioalbum, zwar sind die Mannen von Torfrock
nicht untätig, aber es dauert nun mehr 13 Jahre bis wieder ein neues Album in
Angriff genommen wird. Meisterstücke vereint neue Songs mit Klassikern im neuen
Gewand und ist ein unbedingtes Muss für eingefleischte Fans. New-Metal-Media
wirft einfach mal einen Blick auf den Doppel-Silberling und schaut was Torfrock
für uns bereit halten.
"Midde Band"
ist ursprünglich auf dem Album "Alle an die Ruder", welches 1990 erschien, doch
die Versionen unterscheiden sich wie Tag und Nacht. So ist der ursprüngliche
Track ein wenig schneller gehalten, doch in dieser neuen Aufnahme zeigen
Torfrock, dass sie auch einen Stil beherrschen, der sowohl Elemente aus dem
Blues, als auch aus dem Rock mit einander vereint und somit schaffen sie einen
ganz neuen Sound zu einem bekannten Text. "Die Sonntagsjäger" wurden ebenso
umgearbeitet, der Rhythmus ist immer noch flott gehalten, geht aber Richtung
solidem Rocksound, wobei hier gezielt auf akustisch klingende Gitarren gesetzt
wird. Der Text wurde nicht verändert, trotzdem ergibt sich etwas ganz neues.
Zudem hören sich die Tracks anfänglich ein wenig ungewohnt an, was aber nicht
als schlecht zu werten ist, nur nach 30 Jahren Bandgeschichte ist es manchmal
nicht so einfach für Musiker eine neue Klangfarbe zu entwickeln, den Mannen von
Torfrock gelingt dieses Kunststück allerdings spielerisch. Wie schon eingangs
berichtet, waren Torfrock auch für so manchen Song auf den Soundtrack-CD´s zur
Werner Reihe beteiligt. 2011 kommt Werner - Eiskalt in die Kinos und die
norddeutschen Musiker spielen einen Track ein, welcher sich auch auf
Meisterstücke wieder findet. "Eiskalt" ist geprägt durch die Stimme von Klaus
Büchner und der Refrain geht, wie die meisten Stücke der Torfrocker volle Kanne
ins Ohr. Vorsicht ist hier geboten, denn nach nur wenigen Durchläufen frisst der
Song sich in die Trommelfelle und verbleibt einige Zeit in den Gehörgängen, also
aufgepasst es herrscht Suchtgefahr. "Sangria por favor", bei diesem Song lehne
ich mich mal weit aus dem Fenster und behaupte, dass der Song auf einem
Bossanova
Rhythmus basiert, was dem Ganzen einen sehr ungewohnten Klang gibt, trotzdem sei
auch hier gesagt, Fans von Torfrock werden alleine schon textlich auf ihre
Kosten kommen. So kann man das Flair von Spanien direkt nach Schleswig Holstein
transportieren, oder war es vielleicht andersherum? Mit "Volle Grante Renate"
kommen wir zurück zu den Wurzeln der Band, aber auch hier haben die Musiker sich
etwas einfallen lassen und so singt nicht wie in früheren Versionen Klaus den
Text, sondern Raymond übernimmt diese Aufgabe. Rhythmisch gesehen ist der Song
ziemlich gleich geblieben, trotzdem rockt das Stück gewaltig und so gehört der
Track jetzt schon zu meinen Anspieltipps auf dem Album "Meisterstücke". Wer im
Norden wohnt, der kennt auch die Geschichte von Hauke Haien, dem Schimmelreiter
von Theodor Storm. Auch Torfrock erzählen die Geschichte auf ihre ganz eigene
Art, als Grundlage dient ihnen Paranoid von Black Sabbath, wobei sich schon
viele an diesem Song versucht haben und daran gescheitert sind. Man erinnere
sich nur an den "Hund von Baskerville" von Cindy & Bert, wobei der Song heute
wohl eher einer Comedy Nummer gleich kommt. Die Mannen von Torfrock, gestalten
das Ganze allerdings sehr viel schneller und natürlich auch wesentlich
geistreicher und so kann man das Stück gerne eine Male laufen lassen. "No Chanze
for Romanze" arbeitet mit Texten im nordischen Denglisch die musisch mit
trabenden rockigen Tönen unterlegt sind, auch hier zeigen sich die Torfmoorholer
Barden wieder in Höchstform und Fans der Band kommen voll auf ihre Kosten.
"Beinhart" ist die Hyme des ersten Werner Film und in dieser neuen Version gehen
Torfrock einen härteren Weg und schrammen ganz eng am Hardrock vorbei. Trotzdem
ist und bleibt dieser Track Kult und so ist dieses neue "Beinhart" als
Bereicherung zu sehen. 37 Jahre machen die Band um Klaus und Raymond bereits
Musik und noch nie klangen sie so frisch und rockig wie im Jahre des Herren
2014. "Am Montag komm ich spät nach haus", so beginnt "Trunkenbold" eins meiner
persönlichen Highlights aus der Feder der Torfrocker, denn schon in der
Urversion ist das Stück sehr rockig, doch nun legt der norddeutsche Vierer noch
eine Schippe nach und gestalten das Ganze noch einen Tick blues-lastiger, mit
langen gut ausgespielten Gitarrenparts, die eigentlich vom Können her schon für
sich sprechen. Ich kann einfach nicht anders und so läuft der Track hier einige
Zeit in Dauerschleife, auch wenn er mit fast 9 Minuten sehr ausladend gehalten
ist. Mit "Rollos Erleuchtung" kehren Torfrock zurück zu ihren musikalischen
Wurzeln und erzählen die Geschichte um den Wikinger Rollo ein wenig weiter.
Leider geht der erste Silberling an dieser Stelle schon zu Ende, nach 10 Songs
mit hohem Unterhaltungswert wird es Zeit, die nächste CD einzulegen. "Hey Joe"
stammt im Original vom unvergessenen und unvergleichlichen Jimmy Hendrix, dessen
Gitarrentechnik wohl bis heute einzigartig und legendär ist. Schon früh wagten
sich die Mannen um Klaus Büchner an diesen Klassiker, doch nun erscheint der
Titel im komplett neuen Gewand, die Riffs sind rockig und sauber ausgearbeitet
und hätten selbst dem großen Hendrix alle Ehre gemacht. So ist es nicht weiter
verwunderlich, dass man den Song gerne das ein oder andere Mal laufen lassen
kann. "Die Bagalugen-Band" gehört zu den Titeln, die mich auch heute noch
berühren, denn mit diesen Songs verbindet man doch eine ganze Menge, zudem sitzt
der Text und so erwische ich mich doch das ein oder andere Mal dabei, wie ich
mitsinge. Der Sound ist natürlich überarbeitet und färbt so das Stück, ungefähr
so wie es im Text heißt "Auf unsere Band fällt buntes Licht, denn sieht man
unsere Narben nicht". Also aus Alt mach was ganz neues. "Presslufthammer-B-B-Bernhard"
gehört zu den klassischen Torfrock Geschichten, denn wer kennt den Mann vom Bau
nicht? Der Text wurde hier neu vertont und ein wenig rockiger gestaltet. Zudem
ist es schön, das die Torfmoorholmer das Stück mit auf Meisterstücke gebannt
haben, denn ohne Bernhard wäre das Langeisen einfach unvollständig gewesen.
"Freie Bahn mit Marzipan" stammt aus dem Werner Film "Gekotzt wird später", der
vierte Film der Werner Reihe stammt aus dem Jahr 2003 und handelt davon, wie
Werner und der Geselle Eckard mit dem Auto nach Korsika fahren um dort einen
Flachköpper im Meer zu machen. Der Könich auf der Fahrt ist immer der, der beim
Würfeln gewinnt. Als Zeichen der Macht erhält der Könich eine Krone und
Fliegenklatsche, es fließt wie in allen Werner Filmen reichlich Bier und auch
der Humor kommt nicht zu kurz. Mit "Rollo, der Wikinger" hat es ein Song vom
Debütalbum der Norddeutschen Rocker mit auf dieses Doppelalbum geschafft. Auch
hier spielen die Mannen wieder mit den Klängen und lassen Rollo in einem ganz
neuem Licht erstrahlen. Leider entdecke ich jetzt langsam ein Problem,
Meisterstücke ist so voll gepackt mit alten und neuen Kultsongs, dass es schwer
ist etwas Besonderes hervor zu heben, denn alle Songs sind gleich bleibend
unterhaltsam und kurzweilig. "Kettenhemd" zeigt wie variabel musikalisch gesehen
die Mannen aus dem Norden sind, so klingt der Song ein wenig nach irischer
Volksmusik, gepaart mit rockigen Ansätzen. Alles in Allem kann man das Stück
gleich mal mehrfach hören, denn neben dem Witz geht auch die Melodie gewaltig in
Ohr und verbleibt dort eine Weile. Um einen solchen Ohrwurm zu bekämpfen, hilft
es nur den Track noch einmal laufen zu lassen. Rockig krachend eröffnet "Willi,
die Ratte", doch täuschen lassen sollte der Hörer sich hier nicht, denn Torfrock
wildern hier nicht nur im trabenden Rockbereich, sondern verwerten auch noch den
klassischen Blues mit all seinen Facetten. Der Fan bekommt hier auf über 8
Minuten mehr geboten als von mancher Band in einer Stunde Bühnenprogramm, zudem
sollte man nicht erstaunt sein, wenn man das Stück In der Halle des Bergkönigs
von Edvard Grieg entdeckt. Wer sich nun die Frage stellt, ob das passen kann,
dem sei gesagt, einfach mal ein Ohr zu riskieren, bereuen werdet ihr es auf
jeden Fall nicht. Mit "Rock`n`Roll Ruine" nähern wir uns dem Ende des
Longplayers, denn es verbleibt leider nur noch "Torfmoorholm sagt Gute Nacht",
wie ich finde ein sehr gut gewählter Song für den Ausklang, des
Doppel-Rock-CD-Erlebnisses.
Fazit:
Bei diesem Review war es nicht ganz
so einfach, denn Torfrock zeigen, das man 37 Jahre musikalische Geschichte in
ein Album packen kann, aber sie verarten nicht, dass es mindestens 1801 Worten
bedarf, diese Meisterstücke auch nur ansatzweise zu ergründen. So ist es auch
nicht weiter verwunderlich, wenn man bei jedem neuem Durchlauf, neue Facetten
und kleine und größere Spielereien entdeckt. Ich persönlich hoffe, dass Torfrock
uns noch lange erhalten bleiben und vielleicht zu den Norddeutschen Stones
werden. Dann schreiben wir hoffentlich auch zum 50 jährigen Bestehen der Band
und zu einem Album, welches dann 4 CD`s beinhaltet. Bis dahin kann man aber nur
eine Empfehlung aussprechen, denn Meisterstücke gehört in jede gute
Plattensammlung. Rock bleibt für die Ewigkeit.
Line Up: Klaus Büchner, Raymond Voss, Volker Schmidt, Stefan Lehmann