Let the Flame burn

In den letzten Jahrzehnten hat sich gerade die lokale Metalszene stark verändert, einer Vielzahl an Bands steht eine geringe Zahl an Locations und Festivals gegenüber. In einer neuen Reportagen Reihe werden wir die Metalszene in verschiedenen Bundesländern beleuchten, mit Bands, Veranstaltern, Locations, Fans und Magazinen sprechen, um ihre Sicht der Dinge zu erfahren. Wir möchten allen die Möglichkeit bieten, sich auch außerhalb ihrer Region zu präsentieren. Den Anfang machen wir im hohen Norden in Schleswig Holstein, im Gespräch hatten wir die Band Lichtscheu.

Stellt euch bitte einmal kurz vor und erzählt den Lesern aus welcher Region ihr kommt:

In 2005 begannen wir damit, auf die Geburt von Lichtscheu hinzuarbeiten. Offiziell musizieren wir unter diesem Namen seit 2011. Im Laufe der Jahre und durch einige Wechsel innerhalb der Mannschaft hat sich unser Stil zum Gothic Metal mit abwechslungsreichen Melodien und deutschen Texten gewandelt. Flensburg ist die Geburtsstadt des Projektes. Die Band besteht aus Angela (Gesang), Daniel (Keyboards), Michael (Bass), Freddy (Schlagzeug) und Timo (Gitarre). Alle von uns machen schon seit mehreren Jahren Musik und haben schon viel Erfahrung in anderen Projekten sammeln können.
 

Flensburg ist schon fast der nördlichste Punkt in Schleswig Holstein, was Veranstaltungen betrifft. Auf Anhieb fällt mir hier das Roxy in Flensburg ein, in dem mehrfach Veranstaltungen stattfinden. Welche Locations gibt es sonst noch, wo es möglich ist aufzutreten? Mit welchen Problemen hat ihr zu kämpfen?

In unserem unmittelbaren Umfeld (Flensburg, Schleswig, Raum Husum) gibt es unzählige kleine und mittlere Locations. Um nur ein paar größere zu nennen: das Ela Ela in Schleswig, Roxy Concerts, Kühlhaus und Volksbad in Flensburg, das Heizwerk in Bredstedt.

Kleine Kneipen fallen für uns meist weg, weil wir mit 5 Leuten Platz brauchen und Gothic Metal eben auch Schallraum beansprucht :o). Das „Pay to Play“ Prinzip wird hier mittlerweile häufiger angewandt. Es gibt viele Locations, die vorher Geld sehen wollen. Dann gibt es wieder welche, die eben keine Gage zahlen,. Eine kleine Gage bzw. die Spritkosten bekommt man in den seltensten Fällen. In Flensburg sind einige Veranstalter auf gewisse Stile festgelegt und haben wenig Interesse an unserer Art von Musik. Die besten Chancen auf einen Gig haben wir aktuell regional im Roxy Concerts, weil wir dort stilistisch noch am ehesten unterzubringen sind. Dort haben wir zuletzt den Support zu Staubkind und Scream Silence mit viel Freude und Engagement geleistet.

Aus unserer Sicht ist das größte Problem, die Musik live zu verbreiten, also an die Gigs zu kommen, um Fans zu gewinnen. Und das gilt auch dann, wenn Veranstalter behaupten, Newcomern eine Chance zu geben. Wirkliche, absolute Newcomer sind damit nämlich meist doch nicht gemeint. Hier läuft viel über Vitamin B. Und daran kommt man nicht so ohne Weiteres. Wenn Gigs fehlen, ist es schwer Fans zu gewinnen, die deine Musik auch mal downloaden oder Fanartikel kaufen. So fehlt Geld in der Kasse und es wird problematisch, neue Musik aufzunehmen, neues Equipment anzuschaffen. Der finanzielle Anteil ist enorm. Ob nun für das Merchandising oder die Aufnahmen.

Wir haben eine kleine Fangemeinde und diese will auch mit neuer Musik versorgt sein und wir selbst möchten die neuen Ideen schließlich nicht nur im Proberaum genießen. Eine kleine Band, die weiterkommen will, muss neben dem musikalischen Können in vielen Bereichen fit sein: Homerecording, Marketing, Booking! Aber wir geben nicht auf. Und bei all der Kritik daran, ist es auch eine Herausforderung, die wir annehmen und die Spaß macht. Es ist ein sehr aufwendiges und manchmal auch ein sehr anstrengendes Hobby, das einem aber viel zurückgibt. Sonst würden wir das ja alles nicht machen ;o)

Ich behaupte jetzt einfach mal, dass sich Musiker miteinander vernetzen müssen und neue Möglichkeiten finden müssen, auch jenseits von Facebook. Wie sieht es bei euch zum Beispiel mit Vereinen oder Musikertreffs aus?

Es gibt tatsächlich zum Beispiel in Flensburg einen Musikerstammtisch und bestimmt noch etliche Vereine oder Treffen, die uns nicht bekannt sind. Für den Informationsfluss und den Zusammenhalt unter Musikern ist das eine großartige Sache. Dort treffen viele verschiedene Stilarten aufeinander. Facebook ist da natürlich eine immens wichtige Plattform. Es gibt dort viele Nutzer und der Informationsfluss ist schnell und unkompliziert. Selbst die Treffen des Musikerstammtisches werden via Facebook terminiert.

Als Musiker muss man ein Publikum finden und für sich gewinnen, wie sieht es in eurer Region (Flensburg) aus? Worin besteht dort die Problematik?

Lokale Fans zu gewinnen ist für uns aus einem simplen Grund recht schwierig: Im Großraum Flensburg ist die Gothic-Szene nicht sonderlich stark ausgeprägt. Es gibt wenige bis keine Veranstaltungen, die speziell für Anhänger dieser Szene geboten werden. Das liegt mitunter daran, daß es auch weniger Bands gibt, die diesen Stil vertreten. In Hamburg und Berlin sieht das Veranstaltungsangebot logischerweise schon deutlich besser aus, weiter südlich auch. Dort ist dann aber auch die Konkurrenz an Bands viel größer. In anderen Städten Leute in die Lokale zu ziehen als unbekannter Act gestaltet sich für uns daher recht schwierig. In einer fremden Region kennt dich eben dann auch kaum jemand. Wir versuchen, überregional bekannt zu werden, indem unsere Lieder in speziellen Onlineradios gespielt werden. Das funktioniert auch ganz gut. So haben wir einen persönlichen Kontakt zu den Moderatoren und können auch mal in dem einen oder anderen Chat zugegen sein. Die Möglichkeiten sind insofern ja ein wenig begrenzt, da wir ohne eine feste Promotionagentur oder Plattenlabel agieren.

Selbst ist die Band. Wir schicken unsere Bewerbungen in Eigenregie durch die Republik. Die Resonanz ist allerdings ernüchternd. Viele Veranstalter, gerade von Festivals, wo wir uns verstärkt bewerben, schicken nicht mal eine Absage, wenn man nicht nachhakt. Aber wir sind eben noch zu unbekannt, als dass man irgendwo auf uns warten würde. Daran arbeiten wir jedoch. Wir haben einen offenen Vertrag mit Erseptis Booking, sind allerdings nach wie vor auf uns alleine gestellt.

Was wir daher für sehr wichtig erachten, ist unser wachsendes Musiker-Netzwerk. „Wir müssen mal was zusammen machen“ ist zwar der älteste Musikerwitz der Welt, aber wir knüpfen gern Kontakte mit den Künstlern, die wir treffen. So haben wir ja z. B. die Potsdamer Band darkplain, mit denen wir Ende September in Berlin aufgetreten sind, Anfang Dezember nach Hamburg geholt, um mit uns und My Tide in Marias Ballroom zu spielen. Für 2013 haben wir auch schon ein Gigtauschangebot bekommen, dazu aber beizeiten mehr. Für Infos hierzu lohnt es sich auch auf jeden Fall, unseren Newsletter zu abonnieren oder sich unsere Facebook / Homepage mal genauer anzuschauen.

Dann ist es auch sicher schwierig Auftritte auf Festivals zu bekommen, welche Festivals sind bei euch ansässig?

Wenn man den Radius mal ganz eng setzt, sind in der Region nach etwas ärmeren Jahren zwei  Festivals wiederbelebt worden: Wallsbüll und Jübek Open Air. In Jübek haben Bands mit einer Booking-Agentur und gewissem Bekanntheitsgrad eindeutig Vorrang. Es gibt im größeren Radius noch etliche Festivals, aber leider kaum welche, in denen wir nicht wie Exoten wirken.

Was immer mehr in der Metalszene zu beobachten ist, ist das es immer mehr Pay to Play gibt, sprich Bands müssen sich ihre Auftritte erkaufen. Wie beurteilt ihr die Lage, ist man bereits mit solchen Angeboten an euch herangetreten?

Pay to Play wird immer beliebter. Die Veranstalter wollen natürlich kein Risiko eingehen und nachher eventuell draufzahlen, da die Hütte nur halb gefüllt ist. Für einen Auftritt ca. 1500 Euro zahlen zu müssen, damit die Kosten des Veranstalters gedeckt sind, ist für kleine Amateurband utopisch. Klar bietet es sich dann ja an, eine Art Festival zu organisieren. Aber auch hier bleibt die Arbeit meist nur an ein paar weniger Personen kleben.

Auf der einen Seite ist das aus der Sicht des Veranstalters sicherlich verständlich. Geld wächst für niemanden auf den Bäumen. Dennoch ist das für die Musikszene und die Etablierung von unbekannten Bands absolut destruktiv.

Wo kaum ein Fan drüber nachdenkt, ist das eine Band auch üben muss, das Problem, welches ich hier sehe, dass eventuell nicht genug geeignete Räume vorhanden sind und die vorhandenen sehr teuer sind. Wie sieht es da in eurer Region aus, welchen Problemen steht ihr hier gegenüber?

Die Proberaumsituation in Flensburg und Umgebung ist katastrophal. Die Mietpreise sind noch einigermaßen akzeptabel, dafür schwächelt die Gegenleistung. Wir haben schon oft gehört, dass manche Proberäume feucht sind oder nicht beheizt werden. Das bedeutet, man muss neben einem Luftraumentfeuchter auch noch einen teuren Heizlüfter organisieren, damit die Finger nicht abfallen Da steigt der Selbstkostenanteil natürlich auch wieder. Das Angebot an Proberäumen ist in Flensburg und Umgebung somit nicht sonderlich attraktiv. Räume sind Mangelware und so kommt es auch schon vor, dass sich 3-4 Bands einen Raum teilen. Bei uns müssen sowohl Bassist als auch Keyboarder weit fahren, weil wir in alle Winde verstreut sind. Das ist aber unser persönliches Ding und hat weniger mit der allgemeinen Situation zu tun.

Wir haben das Glück in einem netten und gut gepflegten Proberaum ein wenig außerhalb von Flensburg untergekommen zu sein. Der befindet sich auf einem Resthof. So kriegen wir im Winter zwar kalte Füße, haben dafür allerdings viele Freiheiten und können die freilaufenden Hühner um ein paar Eier erleichtern.

Was müsste sich euerer Meinung nach ändern, damit die lokale Metalszene bei euch in Gang kommt? Wo liegen die allgemeinen Probleme für Bands?

Die Presselandschaft ignoriert kleine Bands in der Regel. Es ist schwer bis unmöglich, dort mal jemanden zu einem Vorstellungsartikel zu bewegen. Gäbe es dort mehr Unterstützung, wäre das bestimmt hilfreich. An dieser Stelle möchten wir aber auch mal Lob aussprechen für all die kleineren Projekte, die Lichtscheu geholfen haben und die mit viel Engagement zu Werke gehen: das PDF-Underground-Zine Dark Feather. Dort bekommen auch Kleine die Chance, neben Großen mehr als nur beiläufig erwähnt zu werden. In der Ausgabe 18 (November 2011) gibt es ein Interview mit Lichtscheu zu lesen. Mit sehr viel Liebe wurden wir auch gerade vom Radio Schwarzes Brandenburg in einer Spezialsendung vorgestellt. Auch Radio Schwarze Welle oder Gruftiradio.de waren in der Vergangenheit in Sachen Lichtscheu nicht untätig. Also, es gibt viele Ansätze, die es verdient haben, beleuchtet zu werden. Nicht zuletzt auch dein Projekt: New Metal Media.

Bei den Veranstaltern wünschen sicher nicht nur wir uns mehr Mut, sodass nicht Jahr für Jahr die gleichen Bands den Zuschlag bekommen. Intelligente Kombinationen aus etablierten und unbekannten Bands gibt es teilweise schon jetzt, aber nicht nur in unserer Region ist das noch immer eine Ausnahme. Deswegen nehmen wir auch gerne ein paar Kilometer mehr in Kauf, wenn wir dir Möglichkeit auf einen Gig haben.

Wer mehr über Bands, Veranstalter, Festivals und Locations aus seiner Region erfahren möchte, der sollte die nächsten Wochen die Augen offen halten, denn New-Metal-Media wird jetzt wöchentlich über die lokalen Metalszenen berichten. Wir danken Lichtscheu für diesen gelungen Auftakt und wer über seine Band, Location, Magazin, Festival berichten möchte, setzt sich gerne mit uns in Verbindung.

Mehr Infos zu Lichtscheu gibt es hier:

 

 

 

Homepage: http://www.lichtscheu-musik.de/
Facebook: http://www.facebook.com/lichtscheumusik
Twitter: https://twitter.com/#!/lichtscheu
Myspace: http://www.myspace.com/lichtscheuband

 

 

 

 

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